Martin Doernberg war ein Mann, dessen Leben von außergewöhnlichen Wendungen und unerschütterlicher Widerstandskraft geprägt war.

 Geboren 1920 in Eschwege in eine liberale jüdische Familie, erlebte er schon in jungen Jahren die Brutalität des NS-Regimes. Nach der Reichspogromnacht 1938 wurde er in das Konzentrationslager Buchenwald verschleppt – eine Erfahrung, die ihn lebenslang prägte.

 Nach seiner Freilassung gelang Doernberg zusammen mit seinem Bruder Erwin die Flucht nach England. Ihre Eltern sahen beide Brüder niemals wieder.

 Von dort aus veranlassten die britischen Behörden eine Internierung vieler jüdischer Flüchtlinge in Kanada. Dort half ihm die harte Arbeit als Landarbeiter nach der Entkräftung und Mangelernährung wieder zu physischen Kräften zu kommen.

 Trotz der rauen Umstände in der kanadischen Landwirtschaft fand er Trost und Inspiration in der Musik, die er später zu seinem Lebenswerk machen sollte.

 Nach der späteren Rückkehr nach England, wo er auch die britische Staatsbürgerschaft verliehen bekam, konnte er als Orchesterbratschist und königlicher Geigenlehrer (Royal Instructor of Music/R.I.M.) beruflich Fuß fassen.

 Durch die daraus entstandenen Kontakte ergab sich die Möglichkeit

Kompositionsunterricht bei renommierten Komponisten wie Alan Rawsthorne und Stefan Wolpe zu nehmen. Während seiner Tätigkeit als Bratschist stellten sich erste Erfolge als Komponist der „gemäßigten Moderne“ ein. Sein „Adagio für Streicher“ wurde mehrfach im britischen Rundfunk ausgestrahlt und mehr als 60 seiner Kompositionen wurden verlegt.

 Durch Vermittlung des ebenfalls aus Deutschland geflohenen Reform-Pädagogen Kurt Hahn bekam er eine Anstellung als Musiklehrer an der schottischen Internatsschule Gordonstoun, zu deren Schülern unter anderem Mitglieder der königlichen Familie gehörten.

In den sechziger Jahren kehrte Doernberg nach Deutschland zurück, wo er zunächst als Musiklehrer arbeitete.

1973 wurde Doernberg, der in den fünfziger Jahren zum Christentum konvertierte,  nach einer einjährigen Ausbildung zum evangelischen Pfarrverwalter in den Gemeinden Bantorf und Hohenbostel bei Hannover eingesetzt. Diese Tätigkeit übte er bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1985 parallel zu weiteren Tätigkeiten als Komponist aus.

Sein musikalisches Werk ist so facettenreich wie seine Lebensgeschichte: Es reicht von Orchesterwerken über Kammermusik bis hin zu geistlichen und weltlichen Vokalwerken. Stilistisch bewegt sich Doernberg zwischen der tonalen und atonalen Musik und setzte sich intensiv mit Komponisten wie Paul Hindemith, Anton Webern und Gustav Mahler auseinander.

Martin Doernberg steht für ein Leben, das die extremen Herausforderungen des 20. Jahrhunderts in Europa widerspiegelt – und dennoch ein Zeugnis von menschlicher Stärke, Kreativität und Glauben ablegt. Ein Mann, der nach der Dunkelheit des Krieges seinen eigenen Weg fand und mit seiner Musik bleibende Spuren hinterließ.

Aus seiner Ehe mit der Oberstudienrätin Dr. Gesine Doernberg, geb. Frey gingen zwei Kinder, Ferdinand geb. 1967 und Curt Johannes geb. 1973 hervor, die später ebenfalls musikalische Laufbahnen einschlugen.

Nach seiner Pensionierung ließ er sich mit seiner Familie in Waltringhausen, einem Ortsteil von Bad Nenndorf nieder.

Als Zeitzeuge des Holocaust hielt er diverse Vorträge und wurde zu Diskussionsrunden eingeladen, wo er durchaus streitbar entgegen der Norm für eine Grundhaltung der Versöhnung und Vergebung plädierte.

Doernberg starb 2013 im Alter von 93 Jahren eines natürlichen Todes und wurde auf dem Friedhof in Waltringhausen beigesetzt.

V.i.S.d.P. Markus Keese, Quelle Dokumente aus dem Familien Besitz und Interview mit Ferdinand Doernberg

Foto: Ferdinand Doerberg